Laudatio: Ideengeber und Freund

Laudatio von Prof Dr. med. Dennis von Heimburg anlässlich der Verleihung der Herbert-Höhler-Nadel an Prof. Dr. Dr. med. Johannes Bruck, 20.Mai 2022 auf der XXII. VDÄPC-Frühjahrsakademie in Berlin:

Sehr verehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrter Professor Bruck, lieber Johannes,
ich darf heute auf der Tagung unserer hochgeschätzten VDÄPC hier in Berlin einen wirklich großen Plastischen Chirurgen und dazu noch einen guten Freund hochloben: Professor Dr. Dr. med. Johannes Bruck! Was für eine Ehre, vielen Dank!

Dr. med. Herbert Höhler gehörte zu einer Gruppe von Chirurgen, die die Plastische Chirurgie nach dem 2. Weltkrieg erlernen wollte, dies allerdings in Deutschland nicht konnte. Dr. Höhler hat sich die Plastische Chirurgie in USA bei Conway und Rubin in New York angeeignet. Mit diesem Wissen hat er sich in Frankfurt mit einer Privatpraxis in der Kaiserstraße niedergelassen, und anschließend hat er im Markus Krankenhaus zunächst eine kleine Abteilung gegründet und diese nach und nach ausgebaut. Der Name Höhler steht für die Reetablierung der Plastischen Chirurgie in Deutschland ohne von einer anderen chirurgischen Spezialität abhängig zu sein, oder noch schlimmer, sich diktieren lassen zu müssen, wie und welche Patienten wir operieren. Wir erinnern uns an die damals üblich gelebte Omnipotenz chirurgischer Chefärzte oder Ordinarien. Herbert Höhler etablierte schnell eine Hochleistungsabteilung und mit seiner sehr präzisen Art machte er Operationen, unter anderem der Brust (Mammareduktionsplastik nach Höhler) zu Standardverfahren. Gute Ausbildung und daneben wissenschaftliches Arbeiten rundeten sein Wirken ab. Johannes ist, ich darf das einfach so sagen, ein moderner Höhler und ihm gebührt daher ganz besonders die Verleihung der höchsten Ehrengabe der VDÄPC, der Höhler-Nadel. Damit ist er in bester Gesellschaft seiner Vorgänger. Die Höhler-Nadel wurde bislang 10mal verliehen, unter anderem an Prof. Dr. med. Gottfried Lemperle als letztem Schüler und dem Nachfolger von Höhler, sowie anderen verdienten Präsidenten unserer Fachgesellschaft und Kollegen aus dem Ausland. Darüber hinaus handelt es sich bei der Nadel um ein echtes Schmuckstück, handgefertigt nach Entwürfen von Axel Schröder-Olbrisch, der heute auch anwesend ist.

Nachdem wir nun wissen, was verliehen wird, die wichtige Frage: Wer ist Professor Johannes Bruck? Ich persönlich kenne keinen anderen Plastischen Chirurgen, der seit den Gründungstagen so konstant und regelmäßig bei unseren wissenschaftlichen Tagungen aktiv dabei ist und sich dabei nicht nur wissenschaftlich, sondern auch, und das sehr deutlich, berufspolitisch betätigt hat. Johannes Bruck ist jedem bestens bekannt. Ich denke aber, dass lange nicht alle Facetten seines Charakters bekannt sind. Professor Bruck, geboren als das älteste von 4 Kindern, stammt aus einer Ärztefamilie, bereits in der dritten Generation. Lieber Johannes, Deine Großmutter war Ärztin, Deine Mutter Anästhesistin und Dein Vater Plastischer Chirurg. Aus Gesprächen mit Dir weiß ich, dass wichtige Eigenschaften, die Dich für Deinen Beruf als Chirurg geprägt haben, in dieser Zeit erwachsen sind: Beharrlichkeit, die Kraft für Entscheidungen und im richtigen Moment auch Zweifel haben zu können, möglicherweise auch etwas gesunde Bescheidenheit und das Bewusstsein, das Elitäre zu erkennen. Du hast eine humanistische Schulbildung im Jesuitenkollegium in Wien genossen, 1968 hast Du das Medizinstudium begonnen, 1975 Promotion, 1975 bis 1979 Facharztausbildung in der Stadt Baden, danach Dein Wehrdienst als Field Surgeon in Damaskus im Jahr 1980. Eigentlich hattest Du damals wahrscheinlich gar nicht vor, Plastischer Chirurg zu werden – zunächst wolltest Du Unfallchirurg werden. Dann hast Du aber als fertiger Chirurg nach Deiner Militärzeit doch Deine Facharztausbildung in der Plastischen Chirurgie 1981 begonnen und 1984 abgeschlossen. Nicht irgendwo, sondern in der renommierten Plastischen Chirurgie in Innsbruck bei Professor Wilflingseder. Dein damaliger Schwerpunkt stellte, neben der Mikrochirurgie, die Behandlung Brandverletzter dar. In dieser Zeit hast Du bereits zwei wichtige Publikationen zu diesem Thema der Verbrennungschirurgie publiziert und bist dem Thema immer treu geblieben, es hat Dich entscheidend begleitet. Aus dieser Zeit hast Du wieder wichtige Lehren für das Leben mitgenommen: die ärztliche Ethik am schmalen Grat zwischen Dienstleistung und Beliebigkeit, sich immer wieder die Frage zu stellen, ob man wirklich alles das verantworten kann, wozu man technisch in der Lage ist, die Demut vor der Not des Anderen und die Autorität in der Verantwortung zu übernehmen. 1984 bist Du dann als Facharzt mit einem Stipendium als Fellow am Department of Plastic Surgery bei Dr. Baker in Miami gewesen. Daran schloss sich Deine Zeit in Tübingen unter Professor Koslowski 1984 bis 1985 an. Hier hast Du wieder wichtige Lehren mitgenommen: Problemlösungen nicht nur im unmittelbaren Umfeld zu suchen und dass man Läuse und Flöhe haben kann. Du hast Dir während dieser Zeit das erforderliche Stehvermögen angeeignet und einen Spruch umgesetzt: „Wenn Sie mit Anstand überleben wollen, schaffen Sie sich ein dickes Fell an“. In Aachen warst Du von 1985 bis 1987 unter Professor Hettich Leitender Oberarzt und hast während dieser Periode auch Deine deutsche Facharztprüfung absolviert. Deinen weiteren Werdegang hast Du auch dem Umstand zu verdanken, dass 1986 die Diskothek La Belle in Berlin explodierte und sich zeigte, dass die Brandverletzten dieses Unglücks in West-Berlin aus eigener Kraft adäquat behandelt werden konnten. Dieses Ereignis, wie auch 1988 das Unglück in Ramstein, haben gezeigt, dass für solche Unglücke hochspezialisierte Brandverletztenbetten vorgehalten werden müssen. Mit Deiner Expertise aus Innsbruck, Tübingen und Aachen warst Du für Deine nächste Station bestens vorbereitet: 1986 erfolgte die Vertragsunterzeichnung für Dich als Chefarzt im Krankenhaus am Urban, eine erste eigenständige Fachabteilung für Plastische Chirurgie in Berlin seit 60 Jahren mit Brandverletztenbetten zu eröffnen. Deine Abteilung mit 6 Intensivbetten, Hautbank und Amnionzentrum war legendär. Das hast Du alles dort selbst aufgebaut und hast diese Aufgabe von 1987 bis 1999 ausgeübt. „Das Urban“ war schicksalshaft in der Dieffenbachstraße. Benannt nach dem Vater der Plastischen Chirurgie: „Wer kennt nicht Doktor Dieffenbach, den Doktor der Doktoren, er schneidet Arm und Beine ab, macht neue Nas und Ohren.“
Deine liebe Frau Kristina hast Du im Sommer 1990 geheiratet, Deine Kinder Anna und Benedict wurden 1992 und 1994 geboren.
Die Behandlung Brandverletzter — Problemwunden und Rekonstruktion — waren immer Dein besonderes Interessengebiet, so hast Du 1995 ein weiteres Mal promoviert über die Behandlung brandverletzter Gesichter mit summa cum laude!
Ausgerechnet der Mauerfall führte dazu, dass das Krankenhaus am Urban später verkleinert wurde, da die Brandverletzten aus Berlin und Brandenburg nun in Marzahn behandelt werden sollten. Du wechseltest an das Martin Luther Krankenhaus und warst dort Chefarzt von 1999 bis 2012, und gleichzeitig als Konsiliarius für brandverletzte Kinder im evangelischen Waldkrankenhaus zuständig. Ich weiß nicht, wie es sich damals angefühlt hat, die von Dir aufgebaute Klinik zu verlassen, ich kann mir allerdings vorstellen, dass es neben dem Verlust auch Platz für Neues geschaffen hat. Ich stelle mir vor, dass erst der Wechsel an das Martin Luther Krankenhaus und später der Start Deiner Privatpraxis es Dir ermöglicht haben, Dich intensiver mit der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie zu beschäftigen. Und das hat für uns alle Vorteile gebracht. Seit 2012 warst Du dann Gründer und Inhaber einer Privatpraxis und konsiliarisch Plastischer Chirurg im Südharzklinikum Nordhausen in Thüringen.

Sehr verehrte Damen und Herren, Professor Bruck verfügt über eine österreichische und eine deutsche Biografie. Bereits sein Vater war ein ganz Großer seines Faches. Es ist nie leicht, in so große Fußstapfen zu treten, besonders in einem so spezialisierten Fachbereich. Dir aber ist es gelungen! Du hast mir mal gesagt: „Ich bin zwar im Herzen gerne Wiener geblieben, im Kopf aber genauso gerne Preuße geworden.“

In Bezug auf Deine Wahlheimat hast Du ergänzt: „Ich lebe gerne in Berlin, in der Großstadt und in einer im Vergleich überaus toleranten Gesellschaft. Berlin profitierte traditionell von seinen Zuwanderern, den Neu-Berlinern, was sich unter anderem auch dadurch äußert, dass kaum jemand die Notwendigkeit verspürt, im persönlichen Dialekt seine Herkunft zu verleugnen.“ Schmunzelnd kann ich sagen: Das ist Dir gelungen. Du hast Deine Herkunft, ausgedrückt auch durch Deinen Dialekt, nie verborgen! Du bist ein Berliner mit Wiener Wurzeln. Deine Lehre für das Leben aus dieser Zeit: „Alleine bist Du gar nichts.“

Für die Berufspolitik, Wissenschaft und Ausbildung hast Du Dich immer besonders eingesetzt. Von 2004 bis 2014 warst Du Vorstandsmitglied der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen und 2013 bis 2014 der Präsident unserer VDÄPC. Während Deiner Präsidentschaft habe ich die Frühjahrsakademie in Frankfurt ausgerichtet, hierbei hast Du die VDÄPC stark unterstützt und als Präsident in einem der letzten großen Operationskurse selbst voroperiert. Du wirst auch heute nicht müde, darauf aufmerksam zu machen, was es bedeutet, ein Plastischer Chirurg zu sein. Vor allem wirst Du nicht müde zu erklären, was es bedeutet, ein Ästhetischer oder, wie Du es sagst, ein Ästhetisch-Plastischer Chirurg zu sein. Der stete Tropfen hat den Stein gehöhlt, bei vielen von uns. Diese Beharrlichkeit lebst Du immer vor.

Prof. Bruck und Prof. Olbrisch

Prof. Bruck und Prof. Olbrisch (Aug. 2007 Berlin)

Ein ganz besonderer Höhepunkt Deiner Karriere war zweifellos, neben der Organisation vieler anderer wissenschaftlicher Kongresse, die Ausrichtung des Weltkongresses der International Confederation of Plastic, Reconstructive and Aesthetic Surgeons, IPRAS, 2007 in Berlin. Seit August 2003, als in Sydney die Entscheidung für Berlin gefallen war, hast Du als Secretary General des Kongresses geplant. Du hast mich damals 2003 in das Team zur Vorbereitung des letzten großen IPRAS Weltkongresses geholt. Als Master Class Session Chair durfte ich als Junior mithelfen und kann heute nochmal bestätigen: Du hast es geschafft, dass diese IPRAS Welttagung die gesamte Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie hochkarätig abgebildet hat. Dies war im Sommer 2007 einer der letzten echten Weltkongresse für die gesamte Plastische Chirurgie mit einem fantastischen Programm, uneinholbar organisiert und unvergessen. Du, gemeinsam mit Professor Olbrisch, hast Dir die vier Streifen am Jackett wirklich verdient. Leider bemerken wir mittlerweile bei den internationalen Kongressen den Trend zur deutlichen Verschmälerung des dargestellten Spektrums, genauso wie bei den Jahreskongressen unserer Mutter-Fachgesellschaft, der DGPRÄC. Zur Darstellung der Ästhetisch-Plastischen Chirurgie sind daher unsere VDÄPC-Frühjahrsakademien wichtiger denn je.

Für mich gibt es Charaktereigenschaften, die fest mit Dir verbunden sind und immer sein werden, Du bist
Ein Feiner – immer aus dem Ei gepellt, ein „Sean Connery Typ“, immer stilsicher, immer elegant, immer charmant.
Ein Treuer – immer konnte ich Dich anrufen und um Deine Hilfe bitten. Ich erinnere mich an Telefonate und Gespräche auch außerhalb der normalen Zeiten. Nie hättest Du Dich unfair verhalten, immer hast Du zu Deinem Wort gestanden.
Ein Bescheidener – Du hast mir erzählt, dass Du das Lederpolster des Oldtimers selbst ersetzt, aufgemöbelt hast, so wie man eben auch gute Plastische Chirurgie macht.
Ein Ideengeber – Für jedes plastisch-chirurgische Vorgehen hattest Du eine Meinung, für jedes Verfahren hattest Du Deine Erfahrung und immer hast Du mit Deinen feinen Beobachtungen etwas beigesteuert, was die Operation noch besser gemacht hat.
Ein Strippenzieher – Du hast, ganz im Wiener Charme, den einen oder anderen auf Posten gehievt oder auch mal ganz unverblümt Deine Meinung kundgetan. In der Berufspolitik passierte nichts, ohne dass Du davon wusstest oder es sogar geplant hattest.

Was mir damals, lange, bevor wir uns duzten und noch länger, bevor ich Dich einen Freund nennen durfte, besonders an Dir gefallen hat, war, dass Du immer absolut korrekt warst, im Vermitteln Deines Wissens immer offen und ehrlich, immer hilfsbereit und Du immer auf Augenhöhe Deines Gegenübers warst. Und das bedeutete meistens, dass Du Dich ein paar Stufen nach unten richten musstest. Du warst immer extrem sympathisch und für die damals jungen, angehenden Plastischen Chirurgen extrem nahbar.

Lieber Johannes, Dir wird heute von der VDÄPC die höchste Ehrengabe, die Höhler-Nadel, verliehen.
Du bist, mein lieber Freund, ein würdiger Träger der Höhler-Nadel.
Kein Vortrag wäre für Dich passender und ehrenvoller als der von Dir gewählte Festvortrag: „Brauchen wir heute noch eine VDÄPC?“, aber einen wie Dich wird die Plastisch-Ästhetische Chirurgie immer brauchen.

Verleihung der Höhler Nadel

vlnr. Axel Schröder-Olbrisch, Dr. Handstein, Prof. Dr. Dr. Bruck, Prof. von Heimburg (Mai 2022 Berlin)